#11 HEFTIG-DEFTIG VEGAN FEIERN mit Sebastian Copien

Shownotes

Veganes Weihnachtsessen mit der Familie – mehr Vorfreude oder Stress? Weihnachten feiern die meisten Menschen im Kreis ihrer Liebsten. Das gemeinsame Essen spielt dabei eine große Rolle. Meist sind es jedes Jahr dieselben Gerichte, die als liebgewonnene Tradition auf den Tisch kommen und auf die sich viele aus der Familie bereits freuen: Weihnachtsgans, Braten oder Lachs spielen häufig eine Hauptrolle.

Neu-Veganer:innen fragen sich spätestens kurz vor den Feiertagen, wie sie dieses besondere Familienessen mit ihrer nicht-veganen Familie oder Freunden überstehen sollen. Soll man selber zurückstecken und nur Beilagen ohne Soße essen? Und wie geht es einem dabei, wenn ein fetter Braten direkt vor der eigenen Nase steht? Diese Panik muss nicht sein, denn auch das weihnachtliche Festmahl lässt sich superlecker komplett oder teilweise vegan umsetzen. Unser heutiger STUDIO-VEGAN-Gast Sebastian Copien erinnert sich, wie sein erstes Weihnachtsessen als Neu-Veganer mit der Familie ablief und erklärt, wie ein heftig-deftiges veganes Weihnachtsessen für alle gelingen kann.

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00: 00:01Sprecher: Willkommen bei Studio Vegan, ein Podcast der BKK ProVita.

00: 00:05Sebastian Copien: Dann muss man sich natürlich überlegen: Ist es für einen selbst in Ordnung, wenn man am Tisch sitzt und der Rest der Familie halt nichts Veganes isst?

00: 00:14Sebastian Copien: Viele Familien haben da gewisse Traditionen. Und in so einem Fall ist es halt wichtig, wirklich zu versuchen, vielleicht dieses Essen einfach zu veganisieren. Das ist halt der eine Weg. Der andere Weg wäre, komplett neu kreative Gemüseküche zu machen, die auch deftig ist, aber vielleicht mit dem Original nichts zu tun hat.

00: 00:30Sanja Middeldorf: Hi, ich bin Sanja und ich spreche heute mit Sebastian Copien. Er ist veganer Profikoch, Kochlehrer und Autor von sechs Kochbüchern. Seit über zwölf Jahren vermittelt er in seinen Kursen, Seminaren und Events die Einfachheit und Freude eines bewussten Kochens. Sein Spezialgebiet ist die neue pflanzliche Küche. Hi Sebastian, schön, dass du da bist. Heute ist ja der 1. Dezember und der Weihnachtswahnsinn geht schon los. Für viele neue Veganer:innen kommt ja spätestens dann so ein bisschen der Struggle und man kommt so ein bisschen an seine und ihre Grenzen. Was meinst du denn, Sebastian, wie bekomme ich das am besten hin, dass ich so ein Weihnachtsessen mit meiner veganen oder eben nicht veganen Familie mache, dass alle happy sind? Also sollte ich mein Essen eher selber vorbereiten oder gemeinsam kochen? Was sagst du zu diesem allgemeinen Problem?

00: 01:16Sebastian Copien: Ja, das ist natürlich ein Problem, das auch das ganze Jahr über oftmals besteht aber ein Weihnachten erfahrungsgemäß ist es ja so, dass einfach viel mehr Emotionen mit im Spiel sind und viel mehr Gewicht auf diese besonderen Tage gelegt wird. Deswegen ist es, gerade wenn man neu eingestiegen ist, schon sehr wichtig. Für mich war es damals extrem wichtig, erst mal sehr leckere Alternativen für mich auch auf dem Tisch zu haben. Dann muss man sich natürlich überlegen, ist es für einen selbst in Ordnung, wenn man am Tisch sitzt und der Rest der Familie halt nichts Veganes isst? Ich denke, das ist so ein bisschen eine persönliche Einstellungssache. Ich bin da immer den Weg gegangen für mich, dass ich gesagt habe, solange mich alle in Ruhe lassen und mich mein Essen essen lassen, sollen sie einfach auch essen, was sie wollen. Ich bin da nicht in den Konflikt gegangen und habe so auch immer den Weg gewählt, grundsätzlich das Essen eigentlich so zuzubereiten, also auch von den Komponenten her, dass es jeder essen kann. Und meistens gab es dann halt für den Rest der Familie oder für die, die halt wollten, einfach noch ein Stückchen Fleisch oder Braten on top. Und ich hatte halt die vegane Alternative. Aber der beste Weg ist eigentlich wirklich die Basis sehr gut vegan zu gestalten und das ist halt sehr wichtig, dass man es dann auch wirklich so zubereitet, dass alle happy sind. Das heißt sich halt auch ein bisschen mit dem Thema Kochen und Kochtechnik auch beschäftigt, dass man da halt ein Kartoffelpüree als Beispiel hinbekommt, das allen schmecken wird. Und für mich war der Schlüsselfaktor da immer meine Bratensoße. Deswegen habe ich da am Anfang auch relativ schnell viel Fokus drauf gegeben. So meine Bratenjus, die ich davor ja auch beruflich lange Jahre mit tierischen Zutaten zubereitet habe, dass ich die veganisiert bekomme. Ich bin immer noch dran. Sie wird jedes Jahr besser seit vielen Jahren, aber hat halt relativ schnell so eine Qualität bekommen, dass niemand da einen Unterschied merkt. Also das kann ich ganz selbstbewusst immer sagen. Ich könnte es im Hofbräuhaus auf jeden Teller packen und keiner wird den Unterschied merken. Das sehe ich immer. Ganz große Augen in den Kursen oder auch wenn ich gerade Gastrotrainings mache. Köche sind da noch oft kritischer, weil die ja tagtäglich auch mit dem Original arbeiten. Und das glaubt immer zuerst keiner und dann sind die Augen groß und das sind so ein paar Schlüsselkomponenten. Wenn man die integriert, eben auf dem Teller, dann ist es relativ leicht, alle glücklich zu machen. Ja.

00: 03:48Sanja Middeldorf: Du hast ja gerade auch von dieser Bratensoße schon gesprochen und das Weihnachtsessen ist ja immer so ein bisschen deftiger. Welche veganen Lebensmittel eignen sich denn besonders gut für so ein wirklich veganes, deftiges Weihnachtsessen?

00: 04:02Sebastian Copien: Da kann man verschiedene Wege gehen. Es gibt halt den Weg, dass du einfach sagst: Ich versuche jetzt die Gerichte. Und das ist ja gerade an Weihnachten so extrem, weil jede Familie oder viele Familien haben da gewisse Traditionen. Das gibt an Weihnachten immer das gleiche Essen oder zumindest irgendwann um Weihnachten rum, dass sich gewisse Essen da wiederholen jedes Jahr. Und in so einem Fall ist es halt wichtig, wirklich zu versuchen, vielleicht dieses Essen einfach zu veganisieren. Das ist halt der eine Weg. Der andere Weg wäre, komplett neu kreative Gemüseküche zu machen, die auch deftig ist, aber vielleicht mit dem Original nichts zu tun hat. Das heißt, man muss halt immer erst mal schauen, was ist denn Tradition und was brauche ich auch letztendlich, um emotional glücklich zu sein, also ich selbst. Aber was braucht auch die Familie dazu? Und es ist eh ganz viel Kopfsache und Psychologie dabei. Und deswegen sind halt wie vorhin erwähnt, so diese Schlüsselkomponenten wie Bratensoße, Knödel, die sind halt ganz essenziell wichtig und ich habe das bei mir im ersten veganen Jahr gemerkt. Ich hatte dann halt eine Bratensoße und die Beilagen Blaukraut und Knödel und war eigentlich schon happy. Also mir ist der Braten überhaupt gar nicht abgegangen. Mir war die Soße viel wichtiger. Und das sind ganz interessante Schlüsselmomente, die man dann auch selber selber hat. Das heißt, von den Zutaten her kann ich es - um auf die Frage zurückzukommen - kann ich es gar nicht so genau definieren. Es geht für mich eher ums Thema Umami, also dieser höhere Geschmack. Würzig, kräftig, deftig. Das heißt, wie kann ich den Geschmack in das Essen reinbringen, sodass diese Schwere, so ein richtiger Wumms, einfach auch drin ist? Dass dir halt nichts nichts abgeht.

00: 05:39Sanja Middeldorf: Das wäre tatsächlich auch meine nächste Frage gewesen: Was ist denn genau dieses Umami und wie bringe ich diesen Geschmack ins Essen?

00: 05:47Sebastian Copien: Also letztendlich funktionieren wir Menschen da alle ziemlich banal gleich, was Geschmack anbelangt. Das heißt, man geht derzeit von fünf plus zwei Geschmacksrichtungen aus, die wir so wahrnehmen können. Wenn wir von Geschmack sprechen, ist es ganz oft auch eher das Thema Geruch. Also meiner Meinung nach ist es fast 50 : 50. Das heißt, jeder/jede der/die - wenn man eine gute Nase hat oder ein sehr sensible Nase - kann da schon den Rückschluss auch ziehen, dass der oder diejenige auch relativ fein abschmecken kann. Und bei den fünf plus zwei Geschmacksrichtungen gibt es eben einen Geschmack, dieses Umami, und das wirklich übersetzt ins Deutsche kann man sagen würzig, kräftig, deftig. Das ist halt ein Bereich der Zunge, der das wahrnimmt. Das sind Themen wie Glutaminsäure im Hintergrund passieren da. So wurde auch Glutamat entwickelt, letztendlich als Pulver. Aber es gibt halt erstens Kochtechniken, über die man dieses Umami, diese Deftigkeit ins Essen bringen kann, aber halt auch bestimmte Zutaten. Und es ist ganz wichtig auch zu verstehen, dass wenn wir so von diesen klassischen Geschmäckern sprechen - von Braten, Gulasch, alles aus vorveganen Zeiten so was man halt kennt - das meiste davon kann man wunderbar vegan rüber transportieren, wenn man halt verstanden hat, was für eine Kochtechnik brauche ich zum einen und vielleicht mit was für zwei, drei zusätzlichen Zutaten und Geschmacksschiebern auf natürliche Art und Weise, mit denen ich dann sozusagen diesen Geschmack auch weiter nach vorne bringen kann, um dieses deftige, fleischige - sage ich mal - in die Gerichte mit reinzubringen, das halt so viele Menschen lieben und da gehöre ich einfach auch dazu. Also ich bin da ganz klassischer Durchschnittsmensch, was meinen Geschmack anbelangt. Ich esse unglaublich gern deftig und das hat mir gerade in der Anfangszeit schon durchaus gefehlt erst mal, bis ich verstanden habe, dass ich eigentlich fast alles, was ich davor gerne gegessen habe, vegan zubereiten kann, wenn ich auf Kochtechnik achte Da ist das Thema Anrösten und auch Deklassieren extrem wichtig. Deklassieren ist eine Technik, mit der man Röstaromen maximieren kann. Als Beispiel: Du kochst eine vegane Bolognese und du brätst am Anfang deine Zwiebeln und vielleicht ein bisschen gehackten oder Tofu-Hack mit an und dann kommt da irgendein Punkt, wo es ein bisschen dunkel wird und dann wird man ein bisschen nervös, weil man möchte ja nicht, dass es verbrennt und dann schüttet man halt Tomaten usw. mit drauf und dann ist der Anröstvorgang durch, sozusagen. Muss aber gar nicht sein an dem Punkt. Wenn ich die Technik vom Deklassieren anwende, bedeutet ich habe eine Flüssigkeit, lösch nur ein bisschen was ab, also nicht viel in den Topf oder Pfanne, sondern nur ein bisschen, um diese schon fast zu dunklen Röstaromen wieder zu lösen. Und dann kann ich wieder von vorne beginnen, was diesen Anröstprozess anbelangt. Und das kann ich natürlich zweimal machen. Ich kann es aber, wie bei mir in meiner veganen Bratensoße auch 20 mal machen und so nimmt dieses Volumen an diesen kräftigen Röstaromen einfach zu. Also es ist wirklich oft nur Technikfrage. Das ist auch der Grund, warum ich da so drauf poche in Schulungen und überall in meiner ganzen Arbeit, dass es wirklich Sinn macht, wenn man sich halt einmal mit Kochtechnik beschäftigt, weil man hat einfach mehr Freude und besseres Essen auf dem Tisch.

00: 09:19Sanja Middeldorf: Es ist auch ein bisschen mühsam, aber ich finde für Weihnachtsessen macht man das auch gern. Das ist ja immer so.

00: 09:24Sebastian Copien: Ja, und das Interessante dran ist aber, das Mühsame ist ja immer nur am Anfang, wenn es was Ungewohntes ist, du es noch nie gemacht hast. Aber wenn du es jetzt zwei, drei mal gemacht hast oder auch öfters, dann denkst du ja gar nicht mehr drüber nach, ob jetzt dreimal deklassieren mühsam ist, weil es halt nebenher einfach läuft. Also das ist wie bei allen Sachen im Leben in meinen Augen eine Frage von Wiederholungen, ob es letztendlich Aufwand bedeutet oder nicht, weil ich muss ja jetzt im normalen Alltag natürlich nicht 20 mal deklassieren. Also das macht man nur für wirklich extreme oder spezielle Zubereitungen wie Bratensoße. Aber selbst wenn du dir eine Pasta kochst und zwei mal deklassierst, wird sie halt kräftiger schmecken und es ist nicht mehr Aufwand, aber bedeutet für mich zumindest bessere Lebensqualität, weil gutes Essen in meinen Augen einfach wirklich Lebensqualität ist. Ja.

00: 10:15Sanja Middeldorf: Ja, total. Wie ist das denn so? Also du hast ja gerade auch übers Würzen schon gesprochen. Was sind denn deine Hacks beim Würzen von veganen Gerichten? Also Du hast ja gerade schon dieses Deklassieren angesprochen. Was sind denn deine anderen Hacks? Was benutzt du so für Gewürze um diesen Umami-Geschmack zu erreichen.

00: 10:32Sebastian Copien: Also im Prinzip habe ich mir damals einfach mal angeschaut, was gibt es für Lebensmittel, die besonders viel Glutaminsäure besitzen? Und das ist relativ einfach. Zum einen sind es fast alle fermentierten Lebensmittel, das heißt Sauerkraut - Kimchi natürlich ein bisschen mehr sogar durch die Gewürze. Auch fermentierte Sojaprodukte wie Misopasten gibt es ja ganz unterschiedliche und auch Qualitäten von Himmel bis Hölle. Alles dabei. Also es ist unglaublich. Sojasoßen, gleiches Spiel, es gibt es unglaublich tolle Sojasoßen. Aber es gibt auch unglaublich schlechte, die ein Essen auch versauen können. Das bringt unglaublich viel Umami mit rein: getrocknete Tomaten. Kapern verwende ich sehr gerne, wenn es um den Ersatz von Sardellen zum Beispiel geht. Getrocknete Pilze: sehr gerne verwendet bei mir auch gerade Shiitake, Maitake, in getrockneter Form Steinpilze. Also da ist auch ganz interessant, weil wenn du jetzt einen getrockneten Steinpilz vergleichst mit einem frischen, was das Aroma anbelangt, das sind ja wie zwei unterschiedliche Produkte, also es hat ja miteinander fast nichts mehr zu tun. Und erst durch diesen Trocknungsprozess findet da auch so eine leichte Fermentation statt, wird das so ein bisschen intensiver dann vom Geschmack her auch. Was gibt es noch? Ah ja, Combualge wäre auch noch so eins. Eine Zutat, die ich sehr gerne verwende. Wenn ihr schon mal von japanischer Dashi Brühe gehört habt im Zuge von dem Ramen-Boom, der bei uns ja auch da ist. Die Basis von so einer japanischen Ramen ist im Regelfall eine gute Dashi Brühe. Das sind verschiedene Schichten sozusagen oder verschiedene Brühen, die man zusammenführt. Und die Basisbrühe ist halt eine Dashi und da wird Combualge und im Original so ein fermentierter Thunfisch - Katsuobushi - verwendet. Kann man vegan aber super mit Shitake und Combu machen und Combu ist eins der Lebensmittel, die wirklich das Maximum an Glutaminsäure besitzen. Also wenn du dann - sagen wir mal, du hast eine Bolognese gekocht für so einen Fünf-Liter-Topf und dann nimmst du so ein vier Zentimeter Stück an guter Combualge - gibt es auch Qualitätsunterschiede - packst die mit rein.... dann wuppts das Gericht einfach um 20 bis 30 % nach vorne geschmacklich. Es ist halt ein banaler Geschmacksverstärker. Muss man auch ganz klar sagen. Du könntest auch einfach eine Prise Glutamat reinmachen, hättest das gleiche Ergebnis. Ist halt die Frage, ob man das machen möchte. Und ich versuche es halt in meiner beruflichen Küche auf jeden Fall nicht zu machen, auch wenn ich in meiner Schublade zu Hause auch ein kleines Gläschen Glutamat habe. Und gerade wenn es sehr asiatisch wird und sehr schnell gehen muss ich das auch verwende. Das passiert vielleicht einmal im Monat oder so, aber funktioniert halt geschmacklich. Ganz interessant, das zu sehen auch.

00: 13:24Sanja Middeldorf: Und wo kriegt man das her? So bekommt man das dann einfach in so einem Asia Shop oder wo kaufst du so was?

00: 13:31Sebastian Copien: Das Glutamat meinst du jetzt? Oder meinst du allgemein die Zutaten?

00: 13:34Sanja Middeldorf: Ja, so allgemein diese Zutaten.

00: 13:37Sebastian Copien: Also ich bin Koch, und Koch-Nerd und das heißt, ich bin immer auf der Suche nach guten Produkten. Und Lebensmittelqualität, da gibt es so große Unterschiede einfach, die ich niemals für möglich gehalten hätte, wie das Thema Sojasoße, das ich vorhin erwähnt habe. Eine normale Sojasoße aus dem Supermarkt hin zu einer Bio-Sojasoße hin zu einer ... in Berlin ist eine Manufaktur, von der ich sehr viel beziehe, wo alles händisch gemacht wird und dann auch in Weinfässern oder Whiskyfässern gelagert wird. Das geht wirklich so von 0 bis 100 hoch. Und so bin ich halt immer auf der Suche nach den besten Lebensmitteln. Die sind oft halt leider nicht günstig, weil es kleine Manufakturen sind. Empfehl es aber bei mir in den Kursen oder auf der Homepage im Regelfall auch immer weiter. Oder Social Media genauso. Das wissen eigentlich alle, die mir folgen, dass ich da immer sehr offen bin, was diese Empfehlungen anbelangt, weil ich mich einfach freue, so was gefunden zu haben. Und dann muss man halt selber schauen. Natürlich auch: Was ist mir das wert, wie viel möchte ich ausgeben dafür und in was für einem Qualitätsbereich möchte ich dann landen? Weil da ist ja auch alles möglich Und es ist mir völlig klar, dass sich nicht jeder eine Flasche Sojasauce für 30 € jeden Monat kauft. Mache ich auch nicht. Aber das ist dann halt so für besondere Geschichten. Einfach on top. Wie Weihnachten.

00: 15:02Sanja Middeldorf: Du hast ja gerade eben auch schon mal diesen Weihnachtsbraten angesprochen. Ist es denn überhaupt möglich, den geschmacklich und auch optisch zum Beispiel vegan zu ersetzen? Geht das? Weil du hast ja eben gesagt, du warst dann mit deinen Klößen und deinem Kohl eigentlich ganz zufrieden. Aber bekommst du das hin und bekommt das auch in eine Laiin oder ein Laie hin?

00: 15:22Sebastian Copien: Ja, Braten ist somit das Schwierigste, wenn es um den Ersatz geht ... ein Stück Fleisch - wenn wir jetzt technisch davon sprechen. Ein großes Stück Fleisch zu ersetzen - eins zu eins - ist somit die größte Challenge, die es gibt, wenn man das möchte. Da könnte man ja jetzt die Diskussion anfangen: Wieso möchten Veganer denn immer die Sachen ersetzen? Kamen früher auch übrigens aus meinem Mund solche Sätze, wo ich noch nicht vegan war. Wieso essen die Veganer Tofuwürstchen? Sollen sie doch gleich gescheite Würstchen essen, gescheite vor allem. Schmunzele ich jetzt auch drüber. Das heißt, ich sehe wirklich beide Seiten, auch was die Psychologie da anbelangt. Jetzt gehen wir aber einfach davon aus, wie bei mir, dass man damit aufgewachsen ist, dass es emotional total verknüpft ist, wirklich in den Wurzeln drinnen hängt und ich nicht aufgehört habe, Fleisch zu essen, weil es mir nicht geschmeckt hat, sondern aus anderen Gründen. Und die Gründe sind mal ganz egal, sondern ich habe mich einfach dazu entschieden und dementsprechend ist es völlig legitim, natürlich nach diesem Geschmack wieder zu suchen. Und wenn ich das schaffe, vegan zu erzeugen und Umwelt, Tiere und meine Gesundheit auch noch profitiert davon, ist ja alles wunderbar. Also das ist nur so zu dem Argument, dass an diesem Punkt durchaus kommen könnte und diesen Braten zu ersetzen, also am Stück: fast unmöglich. Da passiert unglaublich viel in der Industrie, auch gerade Thema 3D-Druck. Klingt nicht so lecker bei Lebensmitteln, ist ein großes Thema halt. Im Bereich Fleischersatz gibt es einige Firmen, die da viel machen oder auch nicht durch Drucker, sondern durch gewisse Extrudertechniken diese Fasern hinbekommen. Auch mit sehr natürlichen Zutaten. Ich arbeite auch mit Firmen in dem Bereich zusammen, wo es ganz tolle natürliche Produkte gibt mit vier, fünf Zutaten, die aber einfach Fleischfasern haben und auch lecker schmecken. Also wirklich alle Boxen abchecken. Aber dieses große Stück Fleisch: da gibt es derzeit noch nichts Wirkliches, was man sich gut leisten kann. Die Industrie hat den Braten aber im wahrsten Sinne des Wortes gerochen und das wird nicht mehr so lange dauern.

00: 17:36Sanja Middeldorf: Du hast ja gerade auch schon gesagt: Dieser Weihnachtsbraten ist super schwierig. Es gibt ja aber auch so was wie TK, vegane TK Gans oder so, für Weihnachten. Aber wenn das jetzt auch nicht so optimal ist, was kann man denn seinen Gästen stattdessen auftischen? Was wäre da dein Tipp?

00: 17:54Sebastian Copien: Da gibt es ganz viele verschiedene Möglichkeiten. Also wie gesagt, die wichtigsten oder Eckfaktoren sind in meinen Augen halt, weil es halt wirklich klassisch verknüpft ist mit Weihnachtsthemen: Knödel, Blaukraut, Soße, wenn das schon mal steht. Und dann zum Beispiel mache ich sehr gerne einen panierten Austernpilz. Also da kaufe ich ganz große Austernpilz-Rosen, die wirklich sehr, sehr groß und schwer sind, panier die schön und back die schwimmend in Fett raus. So eine Art Schnitzel kann man sagen, schmeckt super lecker dazu. Man könnte eine Art Wellington auch machen, ohne Probleme, das heißt in der Mitte eine Art Hack, umhüllt von einer Pilzfarce und das dann in Blätterteig einhüllen. Ich könnte eine Art Sauerbraten-Ragout dazu machen, also dass es halt nicht das Stück ist, sondern eher kleiner. Ich habe Rezepte für einen Portobello Bourguignon zum Beispiel oder ein rauchiges Pilzgulasch oder einen ganzen Blumenkohl gebacken, da habe ich erst kürzlich ein Reel rausgebracht. Also da könnte ich jetzt zwei Stunden lang Möglichkeiten aufzählen, was da geht. Aber an Weihnachten, um das noch mal zu betonen, ist dieser Rahmen - also Beilagen und Soße - fast maßgeblicher als der Braten an sich, um diese Emotionen auszulösen. Das ist ganz abgefahren. Aber genauso funktioniert das psychologische Essspielchen an Weihnachten.

00: 19:23Sanja Middeldorf: Wenn du gerade von Soße sprichst: Wie hoch ist der Schwierigkeitsgrad, eine vegane gute Soße hinzubekommen?

00: 19:32Sebastian Copien: Wenn man noch nie eine gemacht hat und auch keine Kochskills in dem Bereich hat, dann kann es schon sein, dass das mal zwei Arbeitsstündchen in Anspruch nimmt. Aber es ist wirklich machbar. Ich habe einige Soßenrezepte in der Richtung draußen, sei es in Büchern oder bei mir in der Onlinekochschule in "Wien Master Class", wo ich es halt optisch auch zeige, wie es funktioniert. Und das haben alle noch immer hinbekommen. Manche sagen, das hat jetzt schon zwei, drei Stunden gedauert. Ich schaffe den Ansatz in einer halben Stunde mittlerweile ganz easy nebenher. Und das ist wie immer die Frage: Habe ich es schon ein paarmal gemacht oder nicht? Aber da kommt halt auch so viel Soße raus, dass man im Regelfall sogar noch ein bisschen was einfrieren kann. Und die Frage ist ja, wie wichtig ist mir das Thema? Und das ist ja nicht nur in der veganen Weihnachtsküche so, sondern auch in der klassischen Weihnachtsküche. Das nimmt ja im Regelfall ein paar Stunden in Anspruch in der Küche und das optimal ja auch mit zelebriert wird und man vielleicht schon zwei Tage vorher anfängt und die ersten Sachen ansetzt. Und die Soße, die könnte ich theoretisch auch schon im Oktober ansetzen und friere die ein, die ist super aufgetaut und dann habe ich gar keinen Stress an Weihnachten. Also das ist überhaupt kein Thema. Aber man wird halt tausendfach belohnt, einfach durch diesen Geschmack und die leuchtenden Augen. Und das ist so eine Soße, kann ich auch dazu sagen, dass selbst Fleischliebhaber oder Liebhaberinnen oft mit den Ohren schlackern, weil - ich sage mal so - richtig gute Küche wird ja immer weniger da draußen auch. Und eine richtig gute Sauce mit tierischen Zutaten können ja auch nicht mehr alle Menschen. Und die Soße ist einfach handwerklich so gut hergestellt und ist halt zufällig vegan, dass einfach alle ein Lächeln im Gesicht haben und sagen Wow, was das für eine Soße - was mit dem Handwerk zu tun hat. Deswegen ist ja mir der Part des Handwerks oder warum ich auch versuche, Menschen dazu zu motivieren und zu animieren, ihr Handwerk in der Küche zu verbessern ... ist mir da auch immer so wichtig, weil es langfristig einfach Zeit spart und ganz viele Glücksgefühle mit sich bringt, wenn man einfach mega gutes Essen auf dem Tisch hat.

00: 21:43Sanja Middeldorf: Ja, das sind ja schon mal echt so ein paar Hacks, wo man sich so denkt: Okay, da sollte ich vielleicht drauf achten, wenn ich dann mal vegan koche für meine Familie an Weihnachten. Wir switchen jetzt mal gedanklich zu Silvester. Das ist ja auch immer so ein Ding: eine Silvesterparty. Und wenn ich jetzt vegan lebe, was würdest du sagen, wie mache ich das? Sage ich den Leuten, die ich einlade vorher, dass es ein veganer Abend wird oder wie hast du das auch vorher gemacht? Also als bei dir diese Umstellung war?

00: 22:10Sebastian Copien: Ich würde mir manchmal wünschen, dass ich diese Umstellungsphase noch mal hätte, weil es war für mich der größte Spaß überhaupt, einfach nur Sachen zu kochen, vegan, und den Leuten nichts zu sagen und dann wirklich das aufzulösen währenddessen. Weil wenn man es sehr gut macht, dann merkt es halt keiner. Da habe ich die eine oder andere Geburtstagsparty im Kopf mit 30 Liter Chili, wo es wirklich einfach überhaupt niemand gemerkt hat und alle nur so: Mega leckeres Chili. Das hat mir sehr viel Freude gemacht. Funktioniert jetzt natürlich nicht mehr. Ich würde da einfach offen mit dem Thema umgehen. Also erstens wenn ich einlade, bin ich ja sowieso Chef/Chefin in der Küche und kann ja selber bestimmen, was ich da mache. Also muss ich erst mal nichts dazu sagen. Das ist vorab ganz gut, aber man weiß ja auch, da kennt er auch die Leute, die man da einlädt. Wenn da vielleicht ein bisschen schwierigere Menschen dabei sind, dann sollte man es halt vielleicht doch vorher ansprechen, sonst hat man nur Stress an dem Abend selber. Und dann ist es das gleiche Spiel, das muss einfach lecker sein und dann wird sich niemand beschweren. Das ist ja immer so das Lustige dabei. Man muss sich einfach richtig Mühe geben und gute Sachen kochen - ist immer auch mein Ziel. Es ist immer so meine Quotenrechnung: Wenn ich sage oder wenn ich was koche, dann möchte ich, dass von 100 Menschen mindestens 90 komplett geflasht sind. Einfach von dem Essen sagen: Oh, wie lecker ist es! Und da muss man sich dann halt auch Mühe geben. Nicht zu viele Fertigprodukte kaufen - weil da gibt es viele, die halt noch nicht gut sind - sondern wirklich handwerklich was Gutes zubereiten. Und dann wird es immer schmecken.

00: 23:51Sanja Middeldorf: Das ist ja gerade schon so angesprochen: Es muss irgendwie allen schmecken. Hast du denn so einen Tipp für vegane Snacks, für so eine Silvesterparty, die garantiert allen schmecken?

00: 24:01Sebastian Copien: Ja, da gibt es also ... Snacks meinst Du jetzt im Sinne von so Knabbereien oder selber.....

00: 24:06Sanja Middeldorf: Was man so vorbereiten kann selber ja.

00: 24:10Sebastian Copien: Also da gibt es auch ganz viele Sachen. Klassiker bei mir zum Beispiel Medjoules-Datteln gefüllt mit einer Walnuss und dann wirklich da so einen Tempehstreifen drumrum und kurz knusprig rausfrittiert mit ein bisschen Rauch, Paprika drauf - so was funktioniert mega gut. Ist dann so Standard-Klassikersnacks, Pizzaschnecken. Also gibt es auch unendlich viel. Eine kleine Suppe mit ein paar schönen Toppings und Einlagen. Auch ein schöner Salat. Einer meiner Klassiker - bei meinem ersten Buch auch mit drin - sind so Chicoree Schiffchen, zum Beispiel mit knusprig gebratenen Räucher-Tofuwürfeln, also richtig knusprig wie Speck mit einer Birnen-Avocado-Würfelfüllung und da so eine Balsamiko-Zwiebel-Reduktion drüber. Das ist ein perfekter Snack. Funktioniert immer. Also unendliche Möglichkeiten. Gar kein Problem.

00: 25:03Sanja Middeldorf: Das klingt auch richtig gut, muss ich sagen. Das merke ich mir auf jeden Fall für Weihnachten.

00: 25:06Sebastian Copien: Das ist eine schöne Kombi, weil Birne und dieses Rauchige funktioniert halt einfach mit dem Bitteren vom Chicoree und dann dieser Reduktion vom Balsamiko und es ist auch super vorzubereiten.

00: 25:20Sanja Middeldorf: Was würdest du denn sagen, wenn ich jetzt Anfängerin oder Anfänger bin was so vegane Gerichte generell angeht? Was sollte ich eher lieber weglassen oder mich gar nicht daran versuchen, dass das Event kein Flop wird?

00: 25:34Sebastian Copien: Hm. Da würde ich wirklich... also kann man pauschal nicht sagen, weil Menschen so unterschiedlich sind, was die Geschmäcker anbelangt. Aber ich empfehle immer wenig Fertigprodukte zu verwenden, weil da gibt es halt viele gute, aber viele, die halt auch einfach nicht gut sind und immer Sachen, wo Menschen direkt in den Vergleich gehen können. Das heißt, wenn ich jetzt einen nicht veganen Menschen habe, der halt sonst einfach das Original immer isst und ich halt eine schlecht gemachte Nachahmung vorsetze, dann wird er damit halt nicht glücklich sein. Das finde ich, da muss man drauf aufpassen. Deswegen ist dieses selbstgemachte, händisch gemachte oftmals der bessere Move. Aber ansonsten wie immer beim Kochen einfach auch nach seinem eigenen Geschmack gehen. Also lasst euch....

00: 26:25Sanja Middeldorf: ...und hoffen, dass es schmeckt.

00: 26:26Sebastian Copien: Und hoffen, dass es schmeckt. Also das ist letztendlich mein größter Tipp an alle, die zu mir in die Seminare kommen. Man weiß ja sowieso nicht, wie es den anderen schmecken wird. Ich kann immer nur nach meinem eigenen Empfinden gehen und ich kann mir noch so sehr den Kopf zerbrechen und hoffen, hoffentlich schmeckt es den Leuten. Aber ich kann ja nur so kochen, wie es mir selber schmeckt. Und wenn ich selber damit zufrieden bin, dann habe ich mein Bestes gegeben. Und dann heißt es entweder die anderen haben Glück gehabt oder nicht. Aber mehr kann ich ja eh nicht machen, also macht euch da einfach nicht verrückt. Aber gebt euch Mühe, informiert euch vorher besser, kauft gute Zutaten, nehmt euch die Zeit zum Kochen, das ist ganz wichtig. Und dann kommen da gute Sachen raus.

00: 27:03Sanja Middeldorf: Ja, dann kommen wir auch schon zu meiner letzten Frage: Was würdest du denn sagen, wenn du jetzt Leute zu dir einlädst? Und da gibt es dann auch Leute, die nicht vegan leben. Würdest du eher ein Buffet anbieten oder wirklich schon so ein gesetztes Essen - also ein gesetztes Menü - vorbereiten?

00: 27:19Sebastian Copien: Hängt auch wieder ein bisschen von den Skills ab, würde ich sagen. Ich koche immer sehr gerne Menüs, weil es durchgängig ist, ich mir mehr Gedanken dazu machen kann. Ich bin aber halt beruflich Koch, also ein bisschen vielleicht anders. Grundsätzlich gilt die Regel: Vielfalt gewinnt. Also ihr könnt mit Vielfalt einfach immer leichter punkten, weil dann findet jeder auch so ein bisschen, das, was ihm oder ihr schmeckt. Deswegen finde ich auch indische Küche so großartig, wenn da so eine Art Buffet ist, weil man kann sich nehmen, es sind unterschiedliche Geschmäcker und das habe ich ganz am Anfang relativ schnell verstanden, dass je mehr Vielfalt auf dem Teller oder im Angebot ist, desto einfacher ist es auch, Menschen zu begeistern. Je reduzierter es wird, desto mehr muss es auch auf den Punkt sein. Also das kommt dann im Laufe der Zeit mit mehr Erfahrung und mehr Sicherheit. Aber am Anfang: macht ein Buffet und da ist für jeden definitiv was dabei. Und das ist auch auch am stressfreiesten, weil dann muss es nicht pünktlich heiß auf den Teller und Timings hat man nicht, sondern es ist ein Teil kalt ist ein Teil warm, also viel entspannter.

00: 28:24Sanja Middeldorf: Okay, Sebastian, Ich würde sagen, das war's sogar schon. Ich würde sagen, die Hörer:innen sind auf jeden Fall perfekt gewappnet für Weihnachten und Silvester mit dir jetzt. Vielen, vielen Dank für deine Infos und für deine Zeit.

00: 28:34Sebastian Copien: Sehr, sehr gerne. Ich danke dir.

00: 28:36Sanja Middeldorf: Du hast eine Frage rund um das Thema vegan. Dann schick uns gerne eine Sprachnachricht per WhatsApp an die 015731830753. Die Nummer findest du natürlich auch in den Shownotes. Wir hören uns dann beim nächsten Mal.

00: 28:50Sebastian Copien: Das war Studio Vegan, ein Podcast der BKK ProVita, Deutschlands erste veggiefreundliche und nachhaltige Krankenkasse.

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